Arbeitsmarktintegration als Chance: Wie der Joblotse Brücken baut

Zwischenbilanz eines Erfolgsmodells: 100 Vermittlungen in 1,5 Jahren - Die Integration von Geflüchteten und Zugewanderten in den regionalen Arbeitsmarkt zählt zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben im Landkreis Kulmbach – und bietet zugleich eine große Chance für die heimische Wirtschaft.
Um Betriebe gezielt bei der Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen und arbeitssuchende Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund nachhaltig zu begleiten, wurde vor rund eineinhalb Jahren die Stelle des „Joblotsen“ am Landratsamt geschaffen.
In Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer Oberfranken sowie der Handwerkskammer für Oberfranken ist damit eine zentrale Schnittstelle entstanden, die Unternehmen und potenzielle Fachkräfte erfolgreich zusammenbringt.
Die bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: Seit Aufnahme ihrer Tätigkeit am 15. Juli 2024 hat Joblotsin Souzan Nicholson in Zusammenarbeit mit IHK und HWK bereits rund 100 Personen in Arbeit vermittelt – ein Ergebnis, das zeigt, welches Potenzial in der gezielten Arbeitsmarktintegration liegt und wie sehr Betriebe wie auch Gesellschaft davon profitieren.
Bei einer Informationsveranstaltung wurden nun erste Ergebnisse vorgestellt, positive Beispiele aus der Praxis geteilt und im Rahmen eines moderierten „Speed Datings“ neue Kontakte zwischen Unternehmen und arbeitssuchenden Zugewanderten ermöglicht.
Welche Erfahrungen der Landkreis bisher mit dem Modell „Joblotse“ gemacht hat, welche Faktoren für gelingende Vermittlungen entscheidend sind und wie es mit dem Projekt weitergeht – darüber spricht Souzan Nicholson im folgenden Interview.
Frau Nicholson, der Landkreis Kulmbach hat die Stelle des „Joblotsen“ geschaffen, warum?
Deutschland erlebt seit einigen Jahren eine stetig steigende Zuwanderung – für unsere regionale Wirtschaft ist das eine große Chance. Viele Unternehmen in Oberfranken suchen dringend Fachkräfte und sind offen dafür, Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund einzustellen. Gleichzeitig möchten viele Zugewanderte in Deutschland beruflich Fuß fassen. Unsere Erfahrung zeigt: Wenn man diese beiden Seiten zusammenbringt, entstehen nachhaltige Integrations- und Beschäftigungserfolge. Genau hier setzt der Joblotse an.
Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Ich verstehe mich als Vermittlerin zwischen Betrieben und Zugewanderten. Auf der einen Seite berate ich Unternehmen, die motivierte Mitarbeitende suchen. Auf der anderen Seite begleite ich Geflüchtete und Migrantinnen bzw. Migranten, die Arbeit suchen, bei allen praktischen Fragen rund um den Arbeitsmarkt. Ziel ist, dass beide Seiten zueinanderfinden – und zwar so, dass es möglichst langfristig passt. Seit meinem Start am 15. Juli 2024 konnten wir bereits rund 100 Menschen erfolgreich in Arbeit vermitteln. Das sind nicht nur Zahlen – dahinter stehen persönliche Erfolgsgeschichten.
Gibt es dahingehend Beispiele?
Ja, zum Beispiel Ahmad H. Er arbeitet inzwischen in der Gastronomie des Schlosses Thurnau und hat dort sehr schnell gezeigt, dass Engagement und Zuverlässigkeit wichtiger sind als perfekte Deutschkenntnisse. Ein weiteres Beispiel ist die Firma Schüler & Co. KG, die zwei Asylbewerbern eine Chance im Textilbereich gegeben hat. Beide Seiten sind sehr zufrieden – das sind genau die Erfolgsmomente, die zeigen, dass Integration funktionieren kann.
Die Aufgaben des Joblotsen sind umfangreich. Gibt es Stellen, die Sie dabei unterstützen?
Eine erfolgreiche Vermittlung gelingt nur durch gute Zusammenarbeit. Neben der Industrie- und Handelskammer Oberfranken, der Handwerkskammer für Oberfranken und den Betrieben spielen viele Akteure eine wichtige Rolle, wie z.B. unsere Betreiber der dezentralen Unterkünfte, die Asylbewerber von Beginn an betreuen, die ehrenamtlichen Integrationsbegleiterinnen und -begleiter, die sich tagtäglich für Integration einsetzen, und die Flüchtlings- und Integrationsberatung, die bei den Vorbereitungen auf die Arbeitswelt unterstützt. Nur gemeinsam können wir diese Prozesse erfolgreich gestalten.
Wie ist Ihre Einschätzung nach rund 1,5 Jahren – funktioniert das Modell?
Das Modell funktioniert. Wir sehen, dass Betriebe, die sich auf dieses Potenzial einlassen, motivierte und zuverlässige Mitarbeitende gewinnen. Gleichzeitig finden viele Zugewanderte über die Arbeit ihren Platz in der Gesellschaft. Integration über Beschäftigung ist einer der erfolgreichsten Wege – und das merken wir hier in Kulmbach sehr deutlich.
Neben dem Joblotsen gibt es im Landratsamt auch den Fachbereich Migration, Unterbringung und Integration. Welche Aufgaben sind dort angesiedelt?
Der Fachbereich fungiert als zentrale Koordinierungsstelle für alle Themen rund um Integration. Wir organisieren jährlich Veranstaltungen wie die Interkulturelle Woche, Integrationsfachtagungen und verschiedene Netzwerktreffen. Es geht uns darum, Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen – mit Bildung, Arbeit, Ehrenamt und Begegnung. Der Joblotse ist dabei ein wichtiger, praxisnaher Baustein.
Was wünschen Sie sich in Ihrer Tätigkeit für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass noch mehr Unternehmen in der Region die Chancen erkennen, die Zuwanderung bietet. Integration gelingt am besten durch Begegnung – und Arbeit ist eine der stärksten Formen davon. Wenn wir gemeinsam daran arbeiten, profitieren alle: die Menschen, die Betriebe und unsere gesamte Region.