Machbarkeitsstudie Oberfranken-Achse

Förderzeitraum: 01.12.2022 bis 30.11.2024
Auftraggeber: Landkreis Kulmbach
Auftragnehmer: Enotrac AG, Seefeldstraße 8, CH-3600 Thun
Thema des Vorhabens: Machbarkeitsstudie Oberfranken-Achse
Förderkennzeichen PTJ: 03TZ2031S
Machbarkeitsstudie über den Einsatz von emissionsfreien Fahrzeugen für das Expressverkehrsnetz Nordostbayern und das Regionalverkehrsnetz Oberfranken
Programmnummer: STMB: DB343-(CIP)
Weitere Partner: Geschäftsstelle Bahnelektrifizierung Bayern-Sachsen in der Logistik Agentur Oberfranken e.V.
Zum Hintergrund der Machbarkeitsstudie
Der Freistaat Bayern hat das Ziel, den Dieselbetrieb im Schienenpersonennahverkehr bis 2040 zu beenden. Da davon auszugehen ist, dass bis dahin eine vollständige Elektrifizierung des Schienennetzes nicht umsetzbar ist, erfordert dies den Einsatz alternativer Antriebstechnologien – ohne dabei das langfristige Ziel der vollständigen Elektrifizierung außer Acht zu lassen.
Dies betrifft in besonderem Maße die Diesel-Insel in weiten Teilen Ober- und Mittelfrankens sowie der Oberpfalz, für deren Beseitigung die Anrainer seit Jahren kämpfen. Der sogenannten „Oberfranken-Achse“ kommt dabei aufgrund ihrer geostrategischen Lage und der unterschiedlichen Streckenprofile zwischen den vier Oberzentren Bamberg, Coburg, Bayreuth und Hof eine Schlüsselrolle zu. Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sieht bislang für die Oberfranken-Achse (8 ABS Hochstadt-Marktzeuln - Hof/Nürnberg - Bayreuth - Neuenmarkt-Wirsberg und die Teilstrecken 2-024-V01 und 2-024-V02) keine Elektrifizierung vor. Stattdessen wird ihr attestiert, „gut für eine Teilelektrifizierung mit Batterie-Hybridfahrzeugen" geeignet zu sein.
Gemeinsam mit den weiteren oberfränkischen Landkreisen und kreisfreien Städten hat der Landkreis Kulmbach in Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern das nun vorliegende Gutachten erstellen lassen, um zu untersuchen, wie die heutigen Dieselverkehre entlang der „Oberfranken-Achse“ und des angrenzenden Netzes auf lokal emissionsfreie Antriebe umgestellt werden können.
Das Projekt „Machbarkeitsstudie Oberfranken-Achse“ wird im Rahmen der Förderrichtlinie Schiene des BMDV mit insgesamt 55.000 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt. Der Freistaat Bayern fördert das Projekt mit 117.282 Euro.
Das Ziel der vorliegenden Machbarkeitsstudie ist die Darstellung eines Konzeptes mit den notwendigen Maßnahmen, die einen robusten, pünktlichen und störungsfreien Betrieb mit alternativen Antriebstechnologien für die Oberfranken-Achse und das angrenzende Netz ermöglichen, um die gesetzten Ziele hinsichtlich der definierten Betriebszeiträume zu erreichen. Dabei sollen die betrieblichen, technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für die Umsetzung aufgezeigt und die damit verbundenen Investitionskosten beziffert werden.
Im Fokus der Studie stehen dabei die Ausschreibungsnetze Expressverkehr Nordostbayern (EVNO) und Regionalverkehr Oberfranken (RVOF) sowie die Dauer der noch gültigen Durchführungsverträge mit DB Regio beziehungsweise Agilis. Dementsprechend sollen nach bisheriger Planung 2032 die Dieselfahrzeuge im EVNO-Netz durch trimodale Wasserstoff-Akkuhybridfahrzeuge ersetzt werden. Die Umstellung auf reine Akkuhybridfahrzeuge im RVOF-Netz soll 2035 erfolgen. Ein weiterer festgelegter und zu untersuchender Betriebszeitraum ist das Jahr 2040, in dem auch der Schienengüterverkehr auf den Achsen Ostkorridor Süd und Franken-Sachsen-Magistrale emissionsfrei werden soll.
Die Enotrac AG, die SMA und Partner AG sowie die hynes GmbH wurden als Subunternehmer beauftragt, ein Energieversorgungskonzept zu entwickeln, das einen robusten Betrieb mit Akkuhybridfahrzeugen ermöglicht, und gleichzeitig die für den Einsatz eines Wasserstoffhybridzugs erforderliche H2-Infrastruktur zu bestimmen. Dabei sollen unter anderem die generelle Umsetzbarkeit, die zu erwartenden Kosten sowie ein möglicher Zeitplan zur Umsetzung untersucht und bewertet werden.
Im projektbegleitenden Arbeitskreis haben neben dem Auftraggeber und den Auftragnehmern das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH, DB Energie GmbH, DB InfraGo AG, die Sächsisch-Bayerische Städtenetz AG Verkehr und für die Projektkoordination die Geschäftsstelle Bahnelektrifizierung Bayern-Sachsen in der Logistik-Agentur Oberfranken e.V. mitgewirkt.
Zusammenfassung der Studienergebnisse
Zeithorizont 2032:
Eine Umstellung des EVNO-Netzes auf lokal emissionsfreie trimodale Neigetechnikzüge bis 2032 ist grundsätzlich machbar. Die Gutachter konnten einen robusten und störungsfreien Betrieb sowie die dafür notwendigen Infrastrukturausbauten, insbesondere die Etablierung einer Wasserstoffinfrastruktur, darstellen.
Der Tagesbedarf an Wasserstoff wurde auf 12,5 Tonnen beziffert. Die 51 im Umlauf befindlichen Fahrzeuge könnten an fünf Standorten (2x Nürnberg sowie in Bayreuth, Hof und Weiden) betankt werden. Damit verbunden sind aus Sicht der Gutachter jedoch nicht zu unterschätzende Projektrisiken.
Zeithorizont 2035:
Die Umstellung des RVOF-Netzes auf lokal emissionsfreie bimodale batterieelektrische Züge ist bis 2035 realisierbar.
Von den Gutachtern wurden die dafür notwendigen Infrastrukturausbauten auf Gesamtkosten von etwa 100 Millionen Euro beziffert. Erforderlich sind demnach eine Elektrifizierung der Streckenabschnitte von Oberkotzau bis Rehau sowie von Kirchenlaibach über Bayreuth und Neuenmarkt-Wirsberg nach Marktschorgast und Untersteinach mit einer Gesamtlänge von rund 62 Kilometern. Darüber hinaus sollen in Bad Steben, Münchberg und Weiden Nachladestationen entstehen sowie die von den Zügen in Richtung Ebermannstadt genutzten Gleise im Bahnhof Forchheim elektrifiziert werden.
Zeithorizont 2040:
Eine Umstellung des EVNO-Netzes auf lokal emissionsfreie bimodale Neigetechnikzüge bis 2040 ist grundsätzlich machbar. Hierbei wurde das Referenzfahrzeug aus dem Zeithorizont 2032 ohne Brennstoffzelle angenommen. Hierzu sind unter der Voraussetzung einer vollständigen Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale (ABS Nürnberg-Marktredwitz-CZ/Grenze), des Ostkorridors Süd (Hof-Regensburg), der Metropolenbahn (ABS Nürnberg-Schwandorf-Furth/W.) und der aus dem Zeithorizont 2035 vorgeschlagenen und umgesetzten Infrastrukturmaßnahmen weitere Ausbauten notwendig. Demnach sind weitere 47 Streckenkilometer zu elektrifizieren sowie die Ladestation von Weiden nach Neustadt an der Waldnaab zu verlegen. Die Investitionskosten werden hierfür auf 45 Millionen Euro beziffert.
Auswirkungen
Zeithorizont 2032 / Zeithorizont 2040:
Aufgrund der von den Gutachtern aufgezeigten Projektrisiken sowie technologischer Fortschritte hat sich der Freistaat dazu entschieden, den Verzicht auf ein trimodales Neigetechnikfahrzeug zu prüfen, und ggf. auch im Neigetechnikbereich die Entwicklung eines Akku-Fahrzeugs ohne Wasserstoffantrieb zu ermöglichen. Die Anforderungen im Rahmen der Ausschreibung der Verkehrsleistungen würden in diesem Fall entsprechend angepasst.
Zeithorizont 2035:
Die Umstellung auf Akku-Züge soll bis Dezember 2035 erfolgen und die von den Gutachtern dafür vorgeschlagenen Infrastrukturausbauten umgesetzt werden. Der Freistaat möchte die DB InfraGo AG als Streckenbetreiberin mit der Planung der Infrastrukturausbauten für den Akku-Betrieb beauftragen. Mit der fertigen Planung soll dann eine Bundesförderung aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) beantragt werden.
Folgende Linien sollen künftig mit Akku-Zügen befahren werden:
- RB 18 Coburg – Bad Rodach
- RB 22 Forchheim – Ebermannstadt
- RB 24 Coburg – Lichtenfels – Bayreuth
- RB 26 Bamberg – Ebern
- RB 34 Weidenberg – Bayreuth – Weiden
- RB 95 Hof – Cheb (CZ) – Marktredwitz
- RB 96 Hof-Neuhof / Gutenfürst – Selb Stadt
- RB 97 Bayreuth – Marktredwitz – Hof – Bad Steben
- RB 98 Helmbrechts – Münchberg – Hof
- RB 99 Hof-Neuhof – Neuenmarkt-Wirsberg
„Die Entscheidung für den Einsatz innovativer Akku-Züge und die damit verbundenen Investitionen in den Bahnstandort Oberfranken sind gute Nachrichten für unsere Region“, freut sich Dr. Oliver Bär, Landrat des Landkreises Hof und Vorsitzender der Planungsregion Oberfranken Ost.
Klaus Peter Söllner, Landrat des Landkreises Kulmbach, ergänzt: „In enger Abstimmung zwischen dem Bund, dem Freistaat Bayern und der Region ist es gelungen, ein überzeugendes Konzept für den Abschied vom Dieselverkehr zu erstellen. Im Namen der Interessensgemeinschaft Elektrifizierung Oberfranken-Achse haben wir seitens des Landkreises Kulmbach als Initiator und Auftraggeber in Kooperation mit der Geschäftsstelle Bahnelektrifizierung maßgeblich daran mitgewirkt.“
„Im Gegensatz zur Bundesregierung halten wir unser Wort“, macht Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter abschließend deutlich. Er fordert erneut, die Elektrifizierungsprojekte des Bundesverkehrswegeplans zügig umzusetzen: „Der Bund muss nun die Handbremse lösen und den Planungsstopp bei der Franken-Sachsen-Magistrale aufheben. Denn die Studie hat gezeigt: Wer die Dekarbonisierung des Schienenverkehrs will, kommt um die Elektrifizierung wichtiger Hauptachsen nicht herum“.
Landratsamt Kulmbach, Stand: 26.11.2024